Schinderhannes

Haßloch und der Räuberhauptmann Schinderhannes in der Zeit um 1801

In den Ruinen der Haßlocher Burg oder auch in den angrenzenden Gebäuden der Bauersleute soll der legendäre Räuberhauptmann „Schinderhannes“ – Johannes Bückler, wie er tatsächlich hieß – mit seinen Spießgesellen mehrmals Unterschlupf gefunden haben. Die sicherlich damals bettelarmen Haßlocher Bauern haben angeblich von ihm nichts gestohlen, sondern etwas abgegeben bekommen.

Haßloch war sicher immer wieder Unterschlupf zwielichtiger Gesellen. Dies erklärt sich dadurch, dass es lange Jahre eine Mainzische (katholische) Enklave innerhalb eines hessischen und damit lutherisch reformierten Umfeldes war. Wechselte man aus der Umgebung nach Haßloch, befand man sich sofort im Territorium eines anderen Landes. In Haßloch gab es damals übrigens keine Polizei, bestenfalls einen Feldschütz und Nachtwächter. Wenn man sich also mit der Bevölkerung vertrug, konnte man sich hier relativ sicher fühlen und so auch überwintern oder untertauchen, wenn man Anderenorts gesucht wurde.

So ist verbrieft, dass der „Schinderhannes“ sein Liebchen Julchen Blasius – die damals schwanger war – vor dem geplanten Überfall auf die Posthalterei in Würges im Jahr 1801, nach Haßloch in Sicherheit brachte, wo sie auf ihn warten sollte. In Haßloch traf er damals auch seinen Komplizen Christian Reinhard („Schwarzer Jonas“), den er mit zur Hasenmühle bei Eppstein nahm, um mit ihm die Bande für den erwähnten Überfall zu verstärken. Außerdem lernte der Schinderhannes in Haßloch den Händler Franz Bayer („Scheeler Franz“) kennen, der später sein Komplize wurde. Der „Scheele Franz“ wurde mit Johannes Bückler und anderen Räubern in Mainz hingerichtet.

Der Tod des „Schinderhannes“ durch das Fallbeil am 21. November 1803 in Mainz markiert den Punkt in der Geschichte, an dem Frankreich die linksrheinischen deutschen Gebiete unter seine Konrolle bringt und das Heilige Römische Reich Deutscher Nation mit seinem Flickenteppich von Kleinstaaten kurz vor dem Zusammenbruch steht.

Oft wird der „Schinderhannes“ in Geschichten über sein Leben mit dem Glorienschein eines Robin Hood, der Armen gutes tut, umgeben. Dies dürfte allerdings, wie Dr. Mark Scheibe aus Mainz in seinem Buch „Schinderhannes – Nichtsnutz, Pferdedieb, Räuberhauptmann?“ detailiert darstellt, eher dem Bereich der Legenden zuzuordnen sein. Viel mehr sind ihm als berüchtigtem Verbrecher 130 nachweisbare Straftaten anzulasten, die er allein oder mit insgesamt 93 Mittätern verübte.

Man muss sich die damalige Zeit, deren Kind Menschen wie Johannes Bückler waren, wohl so vorstellen: 12 Jahre lang Krieg oder Kriegereien, Befreiung oder Besetzung, oft im monatlichen Wechsel, die in weiten Landstrichen am Rhein ihre Spuren hinterlassen hatten. In dieser Zeit, in der Staat, Polizei und Rechtswesen ihre Legitimität einzubüßen drohten, konnten Vagabunden ihr Auskommen finden und fast unbehelligt durch die Lande ziehen. Das Kinderspiel „Räuber und Gendarm“ hat seinen Namen wohl in dieser Zeit erhalten und dürfte durch Menschen wie den „Schinderhannes“ nachhaltig geprägt worden sein.

Der Name „Schinderhannes“ ist übrigens auf eine frühere Tätigkeit seines Vaters als Abdecker (Schinder – somit Herkunft aus einer „unehrlichen Familie“) zurückzuführen.