Falkensteiner Zeit

Die Zeit von 1330 bis 1356 und die “Burg zu Haselach“

Möglicherweise verlor das Kloster Eberbach durch immer wieder vorkommende Überschwemmungen und andere Widrigkeiten die zum Rückgang der Leistungsfähigkeit der Grangie (Wirtschaftshof) Haselach führten, das Interesse an dem Hof Haselach. Deshalb übertrug es im Jahre 1330 – also 175 Jahre nach der Gründung – seinen gesamten unmittelbar in und um Haßloch verwalteten Besitz im Tausch gegen „Zehnte“ (also Abgaben) in anderen Orten und weitere Vorteile an „Kuno II. von Falkenstein“.
Kuno besaß bereits aus einer Erbschaft heraus die „Vogteirechte“ an Orten in der näheren Umgebung Haßlochs. Der Klosterhof, seine Feldmark und seine Waldungen rundeten seinen Besitz in sofern gut ab. Haßloch lag inzwischen auch strategisch günstig, da wichtige Handelsstraßen in der Nähe vorbeiführten. So die Aschaffenburger Straße, die Alte Frankfurter Straße, die Stockstraße und unweit davon auch der Main.Kuno ließ wohl auch gerade deshalb in Haßloch ein „festes Haus“, also eine stattliche Wasserburg erbauen, über die es dank der Recherchen von Hans Joachim Mispagel und Artur Rötger so manches zu erfahren gibt. Die Burg verblieb in Haselach bzw. Haßloch bis im dreißigjährigen Krieg (1618-1648) – also rund dreihundert Jahre – dort, wo heute das Seniorenwohnheim (hinter der Dreifaltigkeitskirche) – steht. Reste der Burg sind mit einem Mauerstück, auf dem sich früher die Zugbrücke auflegte und einem Zweischalen-Brunnen noch heute sichtbar.

Kuno II. von Falkenstein war 1320 auf der Burg Falkenstein am Donnersberg geboren und in der Zeit von 1362 – 1388 Erzbischof und Kurfürst von Trier. Sein Vater war Graf Kuno I. von Falkenstein und Münzenberg. Dieser hatte wohl den Erwerb Haßlochs für Kuno II. von Falkenstein in die Wege geleitet, da er zu diesem Zeitpunkt erst 10 Jahre alt war. Während der Zugehörigkeit Haßlochs zu seinem Besitz wurde er 1325 Domherr, 1345 Scholaster und 1348 Probst des Mainzer Domkapitels. Als Unterstützer des Erzbischofs Heinrich III. von Virneburg machte er sich einen Namen gegenüber dem alternden Trierer Erzbischof Bohemund II. von Saarbrücken. Kuno wurde am 4.4.1360 zu dessen Koadjutor und am 27.5.1362 zu seinem Nachfolger berufen.

In Haßloch widmeten er und seine Mannen sich einer damals in Kreisen von Burgherren durchaus verbreiteten Beschäftigung. Sie überfielen Handelsreisende, nahmen ihre Waren, Fuhrwerke und Pferde weg, setzten die Kaufleute fest und gaben sie nur gegen Lösegeld wieder frei. Die sich häufenden Überfälle behinderten den freien Handel im Städtedreieck Worms – Frankfurt – Mainz. Kaiser Karl der IV. schaltete sich ein und saß 1353 in Mainz über Kuno zu Gericht. Unter der Bezeichnung „Landfrieden“ wurde ein Vertrag geschlossen, in dem sich die Städte Frankfurt, Friedberg, Wetzlar und Gelnhausen verpflichten die Burg Haselach zu zerstören, falls Kuno den Frieden bräche. Zugleich wurde festgelegt, dass die Burg nicht weiter befestigt und ausgebaut werden dürfe.

Zwischen Kuno von Falkenstein und dem Mainzer Erzbischof Gerlach von Nassau schwelte ein Streit mit kirchenpolitischem Hintergrund. So hielt es Gerlach 1356 unter den gegebenen Umständen für günstig diese offene Rechnung zu begleichen. Er bezwang und besetzte die Burg Haselach.

Obwohl sich Kuno beim Rat der Stadt Frankfurt wegen der Verletzung des Landfriedens durch Gerlach beschwerte, erhielt er die Burg nicht zurück, da Gerlach den Kaiser auf seiner Seite wusste. Gerlach musste Kuno allerdings auf Geheiß des Kaisers fürstlich für den Verlust von Haßloch entschädigen.

Die Erzbischöfe von Mainz (Gerlach) und Trier (ab 1362 Kuno II.) flankierten übrigens – unabhängig von früheren Auseinandersetzungen – bei Reichstagen und festlichen Anlässen treu und einmütig ihren Kaiser.

Haselach – das spätere Haßloch – gehörte nun in der Zeit von 1356 – 1803 zum römisch-katholischen Erzstift Mainz. Die Burg, die durch Schleuderkugeln beschädigt war, wurde ausgebessert und von einem durch Mainz bestimmten Burggrafen und dessen Mannen geführt. 1358 wird als Burggraf ein Edelknecht Konrad von Nassau genannt. Auch die neuen Burgherren pflegen das Faustrecht, plünderten Reisende und erhoben Wegezoll. Die Folge waren immer wieder wechselnde Burggrafen und – durch diese – erneute Überfälle auf Handelsreisende. Die Wälder um Haselach blieben unsicher und reisende waren gut beraten „Bodyguards“ – z. B. Pechsieder und Holzknechte die sich dazu anboten – zu mieten.

Aufgrund einer archäologischen Grabung, die 1972 unter der Leitung von Walter Gebhardt durchgeführt wurde, erlangten wir zu Erkenntnissen, die eine vorsichtige Rekonstruktion der Wasserburg zu Haselach ermöglichte. Auf Basis einer Vielzahl von Erkenntnissen wie einem Grundrissplan von J. Hubbert, archäologischen Auswertungen, der Berücksichtigung von Fundumständen und -lage, der topografischen Lage der ehemaligen Burg, Kenntnissen von dem vorhandenen Burg- und Ortsgraben samt Umfeld und die Auslotung und Berücksichtigung der Burgenentwicklung um 1350 (speziell Niederburgen im Flachland) wurde von Artur Rötger – in Abstimmung mit dem ehemaligen Grabungsteam – eine Rekonstruktion der Burg zu Haselach in Zeichnung und Modell vorgenommen.