Mir schwetze, wie mer´s uffgeschnappt,
als mer noch Kinner war’n
und frein uns, wenn´s mit dem Platt noch klappt,
nach moansche Erwachsene-Jahr´n.
Unser´n Dialekt, der ist so waarm,
so herzlisch und so klar.
Wenn mer den heert, iss mer deham
un des is wunderbar.
(Friedel Roosen, 1990)
Ja, unser Dialekt, auch Mundart oder einfach „Haßlischer Platt“ genannt, ist nach unserer Meinung eine Sache, die unbedingt bewahrt werden sollte. Dabei ist es gewiss als völlig normal anzusehen, dass ein Dialekt dem Wandel der Zeit unterliegt, weiter verschliffen oder um neue Ausdrücke ergänzt wird. Aber bei unserem Haßlischer Platt besteht viel eher die Gefahr, dass es in Zukunft völlig untergeht, da jüngere Generationen aus Rücksicht auf das „Schuldeutsch“ diesen Dialekt durch das Elternhaus nicht mehr vermittelt bekommen, Neubürger aus völlig anderen Sprachregionen zugezogen sind oder die Bürger durch ihren Migrationshintergrund von der Familie her keinen Zugang zu unserem Dialekt haben. Mit dem Schwinden unseres spezifischen Dialektes würde zugleich ein Stück Kultur verloren gehen, denn Überlieferungen alter Sitten und Gebräuche, aber auch manche Empfindungen und Emotionen lassen sich kaum schöner und treffender ausdrücken, als in unserer heimischen Mundart.
Ohne unsere Mundart würde uns ganz einfach „ebbes“ fehlen. „Ebbes“ – was ist denn das? – wird sich beim Lesen dieser Zeilen vielleicht mancher Neubürger fragen. Die Mundartdichterin Doris Lauck aus Wiesbaden erklärt dies in ihrem Gedichtband „E Brückelsche“ in einem etwas „entschärften“ hessischen Dialekt wie folgt:
Ebbes, ei das is ebbes,
aafach ebe ebbes!
Tut dich wer ebbes fraache,
mußte ebbes saache;
mol vergißte ebbes,
mol vermißte ebbes;
ebbes hoste zu entscheide,
ebbes kannste gar nicht leide;
ebbes reescht dich schrecklich uff,
uff ebbes kimmste grad nicht druff;
ebbes brauchste aach zum Kaue,
ebbes zum Verdaue,
ebbes für die dorschtisch Kehl,
ebbes für die menschlich Seel,
natürlich ebbes zum Aazuziehe,
ebbes aach zum Kinnerkriehe;
ebbes quietscht un ebbes kloppt,
ebbes hot des Rohr verstoppt;
ebbes suchste im Werkzeugschrank,
ebbes lieht uff der Hobbelbank;
ebbes is es was dir fehlt,
ebbes was dich quält;
ebbes kimmt un ebbes geht,
für ebbes is es nie zu spät…
Und so ebbes, für das es nie ganz zu spät ist, dürfte eben auch die Erhaltung, die Pflege und vielleicht für Neubürger und unsere Kinder auch das verstehen unserer Haßlocher Mundart sein.
Wer erste Schritte auf diesem Wege gehen will, für den gibt es auch bereits einschlägige Literatur. Neben den Gedichtbändchen von Doris Lauck gibt es noch weitere Mundartdichter und –dichterinnen aus unserer Region. Hier hat sich insbesondere die Geinsheimerin Irmgard Schäfer um die Mundart verdient gemacht. Mehrere Bücher hat Irmgard Schäfer, die früher Kassenverwalterin der Gemeinde Geinsheim war, über die Mundart herausgegeben. In dem Buch „Vergeß emol dei Redd ned“ hat Irmgard Schäfer all das, was sie in den Jahren von 1948 bis 1980 „uffgeschnabbd und uffgeschriwwe“ hatte, in Form eines Mundartlexikons zusammengestellt. Diesem Basiswerk der hessischen Mundart im Ried – um Geinsheim herum – folgte 1982 das Werk „de Hannes leßd Damb ab“. Darin hat sie vom „Abeebutzer“ bis zum „Zwoggel“ über Zweitausend Schimpf- und Uzwörter aus dem Gerauer Land zu Papier gebracht.
Die von Irmgard Schäfer gesammelten Worte beweisen den Erfindungsreichtum aber auch die sprachliche Vitalität und die Sprachgewalt der Menschen zwischen Ried und Rhein, einem Lebensraum, zu dem auch wir uns sprachlich voll und ganz hinzu zählen dürfen. Sie zeigt, dass der Dialekt in Ortsnecknamen oder Spottbezeichnungen sich noch eine urwüchsige Lebendigkeit bewahrt hat, wo an dieser Stelle unser Hochdeutsch eher kalt und gekünstelt wirken würde.
Im dritten Band von Irmgard Schäfer, „Quer dorsch de Gaade“ veröffentlichte sie selbst verfasste Gedichte in hessischer Mundart. Erfrischend schaut sie, wie auch Doris Lauck, den Leuten aufs Maul. Sie berichtet von den liebenswerten Kleinigkeiten des Alltags und von Dingen, die man sonst in Hochdeutsch nur hinter vorgehaltener Hand sagt.
Hierzu nachfolgend zwei Kostproben (die wir etwas an den Haßlocher Dialekt angepaßt haben).
’s Blumenstraißje – von Irmgard Schäfer
In de Wohnstubb uff em Disch – in meum kloane Haisje –
stehd seit gesdern, bloß fer misch, e winzisch Blummestraißje.
Meisdens kumme große Leid in die Ringstroß hinner,
doch gesdern kame außerdem noch zwaa Terkekinner.
Die Dursun, dreizehn Johr schun ald, hadds Schwesdersche debei.
Des hadd laafe grad gelernd un guggd misch oh goanz schei.
Hodd mei Kätzje dann endeckt, streischelds hochbeglickd,
hot mers Händsche hiegestreckt, isch hunns ganz lieb gedrickd.
Un schließlisch helld es voller Fraad zwaa Blimmelscher mer hee.
Die duhn seit gesdern uff mein Tisch in meiner Wohnstubb steh.
Mai Dadi – von Doris Lauck
Mei „Dadi“ is mei Dande, die wohnt bei uns dahaam.
Mit der dun mir uns halde, von der do kimmt de Kram.
En Mann hot se net abkriejt, friejer nur en Borsch.
Der hot mit ihr possiert, dann ging der heimlisch dorsch.
Drum blieb die „Dadi“ unser; als Erbstick sozusaa.
Un, wenn se net mehr lebt, kumme mir ans Gerschtsche draa.
Dann erwe mir des Heisje, de Gadde un es Geld.
Die Mama kann dann mache, was ihr aloa gefellt.
Nur kennt ich mir fast denke, un mir werds Angst un Bang,
wenn ich mei „Dadi“ oaguck, dauerts noch asch lang!
Auch wenn die Haßlocher Mundart mit dem Geinsheimer Dialekt weitestgehend gleich ist, gibt es dennoch einige Abweichungen. So wird z.B. das Wort „gestern“ in Geinsheim als „geschdern“ und in Haßloch als „gesdern“ ausgesprochen.
Ebenso würde das Wort „meinem“, in Geinsheim „meim“ und in Haßloch „meum“ klingen. So würden wir Haßlocher anstelle „meist“ „meisdens“ und die Geinsheimer „Merschdens“ sagen. So weichen die Klangfarben eines im Grunde gleichen Dialektes doch im Detail von Ort zu Ort in der Umgebung etwas von einander ab.